Bewertung von Wirtschaftsgütern: Besonderheiten durch § 6 EStG (2024)

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Die Bewertung von Wirtschaftsgütern richtet sich im Steuerrecht nach § 6 EStG. Die einzelnen Absätze und Nummern der Norm enthalten teilweise mit dem Handelsrecht identische, teilweise aber auch von ihm abweichende Regelungen. Gleichzeitig spielt § 7 EStG, der die wesentlichen Abschreibungsvorschriften enthält, eine tragende Rolle. Schauen wir uns also einmal an, welche Wirtschaftsgüter es zu bewerten gibt und wie Steuerpflichtige dabei richtig vorgehen.

Bewertung von Wirtschaftsgütern: Besonderheiten durch § 6 EStG (1)

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In diesem Video schauen wir uns die wichtigsten steuerlichen Bewertungsvorbehalte des § 6 EStG an.

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Inhaltsverzeichnis

1. Grundsatz: Wann ist eine Bewertung von Wirtschaftsgütern erforderlich?

Mit § 6 Absatz 1 Satz 1 EStG regelt der Gesetzgeber die einzige und wichtigste Voraussetzung einer Bewertung von Wirtschaftsgütern. Denn bei ihnen muss es sich um solche des notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögens (§ 4 Absatz 1 Satz 1 und § 5 EStG) handeln. Ist dies nicht der Fall, etwa weil der Steuerpflichtige sich gegen die Zuordnung zum Betriebsvermögen entschieden hat oder es sich beim Wirtschaftsgut um notwendiges Privatvermögen handelt, so ist keine Bewertung vorzunehmen.

Hier gelten die allgemeinen Zuordnungsregelungen der R 4.2 Absatz 1 EStR. Ein Wirtschaftsgut, das im Eigentum des Steuerpflichtigen steht, gehört demnach zum

  • notwendigen Betriebsvermögen (Zuordnungspflicht), wenn es zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird,
  • gewillkürten Betriebsvermögen (Zuordnungswahlrecht), wenn es zu mehr als 10 %, aber maximal 50 % betrieblich verwendet wird, und
  • notwendigen Privatvermögen (Zuordnungsverbot), wenn die betriebliche Nutzung weniger als 10 % beträgt.

Dabei nimmt man eine Berechnung nach allgemeinen Größenordnungen vor. Bei Fahrzeugen kommen etwa die Kilometer, bei Maschinen die Arbeitsstunden zum Ansatz. Grundstücke und Gebäude sind nach Quadratmetern aufzuteilen; abgeschlossene Bestandteile (Wohnungen, Stockwerke, Räume) gelten dabei jeweils als eigenes Wirtschaftsgut (R 4.2 Absatz 7 Satz 2 EStR).

Für Grundstücke und Grundstücksteile gilt außerdem eine weitere Vereinfachung. Beträgt der gemeine Wert des jeweiligen Grundstücksteils weniger als ein Fünftel des gesamten Gebäudewertes, maximal aber EUR 20.500, so hat der Steuerpflichtige ein Zuordnungswahlrecht (§ 8 EStDV). Dieses besteht auch dann, wenn es sich bei der entsprechenden Nutzungseinheit nach der allgemeinen Definition um notwendiges Betriebsvermögen handelt.

Entscheidet sich ein Steuerpflichtiger bei einem Wirtschaftsgut, dessen betriebliche Nutzung zwischen 10 % und 50 % liegt, gegen die Bildung von Betriebsvermögen, so stellt es in vollem Umfang Privatvermögen dar. Entsprechendes gilt, wenn er sich für die Zuordnung zum Betriebsvermögen entscheidet. Diese Grundsätze der Zuordnung und Bewertung von Wirtschaftsgütern gelten auch bei Gewinnermittlung durch EÜR.

2. Allgemeine handelsrechtliche Bewertungsgrundsätze für Wirtschaftsgüter

Für die steuerrechtliche Gewinnermittlung gelten stets die Grundsätze des Handelsrechts (§ 5 Absatz 1 Satz 1 EStG). Die Vorschriften des Einkommensteuerrechts kommen daher nur zur Anwendung, wenn und soweit

  • sie dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht einräumen und er dieses Wahlrecht abweichend vom HGB ausübt,
  • sie einen bestimmten Ansatz, der von dem des Handelsgesetzbuches abweicht, zwingend vorsehen, und
  • die Steuerbilanz respektive steuerliche Gewinnermittlung Posten enthält, die handelsrechtlich ohne Bedeutung sind.

Da also die Bewertung von Wirtschaftsgütern vor allem nach dem HGB vorzunehmen ist, müssen wir uns zunächst die betroffenen Normen anschauen. Von Bedeutung ist hier insbesondere § 253 HGB. Er normiert:

  • Vermögensgegenstände sind höchstens mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten (im Sinne des § 255 HGB) anzusetzen. Sind sie abnutzbar, richtet sich der Ansatz nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich der jeweils maßgeblichen Abschreibung (§ 253 Absatz 1 Satz 1 HGB)
  • Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr müssen abgezinst werden. Der Abzinsungsfaktor richtet sich nach dem durchschnittlichen Marktzins der vergangenen zehn Jahre (§ 253 Absatz 2 HGB)
  • Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens richtet sich die Abschreibung nach der voraussichtlichen Verwendungsdauer im Betrieb. Dies gilt nur, wenn die Nutzung der Wirtschaftsgüter zeitlich begrenzt ist (Verschleiß) und nicht, wenn eine dauerhafte außerplanmäßige Wertminderung einen niedrigeren Ansatz rechtfertig (§ 253 Absatz 3 HGB)
  • Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens unterliegen – mit Ausnahme der Teilwertabschreibung – keiner AfA (§ 253 Absatz 4 Satz 1 HGB)
  • Ist der Grund, aus dem eine Teilwertabschreibung vorgenommen wurde, weggefallen, so muss eine Teilwertzuschreibung (maximal auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten) erfolgen (§ 253 Absatz 5 HGB)

Bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern sind Anschaffungskosten alle Aufwendungen, um den Gegenstand zu erwerben und betriebsbereit zu machen. Entsprechendes gilt bei Herstellungskosten, die nach Material-, Fertigungs- und Sondereinzel- und Gemeinkosten zu ermitteln sind. Für den Einbezug von Verwaltungsgemeinkosten besteht ein Wahlrecht (§ 255 Absatz 1 und 2 HGB).

3. Ertragsteuerliche Besonderheiten bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern

Die ertragsteuerlichen Vorschriften für die Bewertung von Wirtschaftsgütern gelten für alle unter EStG und/oder KStG fallenden Rechtsformen. Dies sind insbesondere Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften. Zentrale Vorschrift ist § 6 EStG, der unterschiedlichste Bewertungsmaßstäbe vorgibt. Von Bedeutung sind insbesondere diese Regelungen:

  • Bewertung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens
  • Ansatz von Anschaffungs- und Herstellungskosten
  • Bewertungsvorschriften für Umlaufvermögen und nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter
  • Ansatz und gegebenenfalls Ansammlung von Rückstellungen
  • Erfassung von Entnahmen und Einlagen
  • Abziehbarkeit der Kosten für geringwertige Wirtschaftsgüter
  • Bildung von Sammelposten
  • Überführung von Wirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Betriebs- und Sonderbetriebsvermögen
  • Anschaffung von Veräußerung von Gegenständen im Wege des Tausches

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3.1. Bewertung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens

Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind solche, die dazu bestimmt sind, dauerhaft dem Betrieb zu dienen. Zum Anlagevermögen gehören beispielsweise Fahrzeuge, Grundstücke, Gebäude, Notebooks und sonstige technischen Geräte. Zu unterscheiden ist außerdem zwischen „beweglichen“ und „unbeweglichen“ Wirtschaftsgütern. Unbeweglich sind Wirtschaftsgüter wie Grundstücke, die sich an Ort und Stelle befinden.

Für die Bewertung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sieht § 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 1 EStG einen Ansatz mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die jeweiligen Abschreibungen, vor. Bei einer dauerhaften Wertminderung kann der Unternehmer den niedrigeren Teilwert ansetzen. Zu jedem Abschlussstichtag ist allerdings zu prüfen, ob die Gründe für den Ansatz des niedrigeren Teilwerts weiterhin bestehen; die Teilwertabschreibung ist dann gegebenenfalls rückgängig zu machen (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 EStG).

Abzuschreiben sind nur abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Nicht abnutzbares Anlagevermögen (etwa Grund und Boden) ist entsprechend § 6 Absatz 1 Nummer 2 EStG anzusetzen.

3.2. Ansatz von Anschaffungs- und Herstellungskosten

Mit § 6 Absatz 1 Nummer 1a und 1b EStG regelt der Gesetzgeber zwei Sonderfälle beim Ansatz von Anschaffungs- und Herstellungskosten. Im Übrigen gelten hier die handelsrechtlichen Vorschriften (§ 255 HGB). Im Steuerrecht sind folgende Besonderheiten zu beachten:

  • Anschaffungsnahe Herstellungskosten (§ 6 Absatz 1 Nummer 1a EStG): Kauft der Steuerpflichtige ein Gebäude und wendet er innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Kauf mehr als 15 % des Kaufpreises (ohne Umsatzsteuer) für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen auf, so gelten diese Aufwendungen als Herstellungskosten. Sie sind dann gemeinsam mit dem Gebäude abzuschreiben, keinesfalls aber als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar. Entsprechendes gilt für eine Erweiterung des erworbenen Gebäudes
  • Wahlrecht bei Herstellungskosten (§ 6 Absatz 1 Nummer 1b EStG): Der Unternehmer hat bei Herstellungskosten ein Wahlrecht, ob er die Kosten der allgemeinen Verwaltung (Verwaltungsgemeinkosten) einbezieht oder außen vor lässt. Entsprechendes gilt für soziale Leistungen und die betriebliche Altersvorsorge. Der Unternehmer muss das Wahlrecht in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz ausüben (§ 6 Absatz 1 Nummer 1b Satz 2 EStG)

Das Bundesministerium der Finanzen hat mit Schreiben vom 18.07.2003 (IV C 3 – S 2211 – 94/03) zahlreiche Einzelheiten zur Einordnung von Aufwendungen als anschaffungsnahe Herstellungskoste geregelt. Das BMF-Schreiben, aus dem sich auch verschiedene Vermeidungsstrategien entnehmen lassen, ist als Anhang 30 Teil des Einkommensteuer-Handbuchs.

3.3. Bewertung nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter, von Umlaufvermögen und Verbindlichkeiten

Wirtschaftsgüter, die kein abnutzbares Anlagevermögen darstellen, werden nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 EStG bewertet. Zu ihnen gehören insbesondere

  • nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wie Grund und Boden,
  • Gegenstände des Umlaufvermögens, beispielsweise Waren und Forderungen, sowie
  • Beteiligungen an anderen Unternehmen, etwa an einer Lieferanten-GmbH.

Der Wertansatz richtet sich nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft entsprechen diese dem Kapitalkonto des beteiligten Unternehmens in der Bilanz der Gesellschaft, gegebenenfalls ergänzt um Sonderbilanzen.

Abschreibungen sind nicht vorzunehmen. Allerdings darf der Unternehmer einen niedrigeren Teilwert ansetzen, wenn dieser voraussichtlich dauerhaft besteht. Das Vorliegen dieser Voraussetzung muss zu jedem Abschlussstichtag erneut geprüft werden. Gegebenenfalls ist die vorgenommene Teilwertabschreibung dann auch hier rückgängig zu machen (§ 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 und 3 EStG). Forderungen dürfen erst abgeschrieben werden, wenn und soweit ihr Ausfall (beispielsweise durch ein Insolvenzverfahren) endgültig feststeht.

Vorräte aller Art sind der „Klassiker“ unter den Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens. Bei der Bewertung dieser Wirtschaftsgüter kann der Steuerpflichtige die Vereinfachung des § 6 Absatz 1 Nummer 2a EStG nutzen. Bei der sogenannten Lifo-Methode wird unterstellt, dass die zuletzt angeschafften Gegenstände zuerst verbraucht wurden. Er kann damit eine Erfassung jeder einzelnen Lagerposition, die insbesondere bei Flüssigkeiten und Tonnenware (etwa Weizen) schlichtweg unmöglich ist, vermeiden.

Verbindlichkeiten sind nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 EStG unter sinngemäßer Anwendung der Nummer 2 anzusetzen. Ihre Bewertung erfolgt daher mit dem Nennwert in Euro. Gegebenenfalls ist entsprechend § 256a HGB eine Währungsumrechnung erforderlich, wenn die Verbindlichkeit originär in einer ausländischen Währung besteht. Dabei können sich Gewinne und Verluste ergeben. Sinkt der Teilwert einer Verbindlichkeit, weil sie – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr zu begleichen ist, entsteht auch insoweit ein Gewinn.

3.4. Ansatz und Ansammlung von Rückstellungen

Für die Bewertung von Rückstellungen enthält § 6 Absatz 1 Nummer 3a EStG einige Sondervorschriften. Die grundsätzliche Möglichkeit von Bildung und Auflösung entsprechender Posten haben wir bereits in einem eigenständigen Beitrag zu steuerlichen Rückstellungen behandelt.

Besonders behandelt werden vor allem Rückstellungen, für deren Entstehung der laufende Betrieb ursächlich ist. Das ist zum Beispiel beim Abbau von Gesteinen und Erden, deren Genehmigung mit einer entsprechenden Wiederaufbauverpflichtung verbunden ist, oder der Abholzung von Waldgebieten der Fall. Derartige Rückstellungen muss der Steuerpflichtige zeitanteilig in gleichen Raten, also über die gesamte Dauer des Abbaus, ansammeln (§ 6 Absatz 1 Nummer 3a Buchstabe d EStG).

Wird eine Rückstellung für Verpflichtungen (Sach- oder Barleistungsverpflichtung) gebildet, muss eine Abzinsung mit 5,5 % erfolgen. Dies gilt aber nur, wenn die Laufzeit am Bilanzstichtag noch mindestens 12 Monate beträgt (§ 6 Absatz 1 Nummer 3a Buchstabe e EStG).

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3.5. Bewertung von Wirtschaftsgütern bei Entnahme und Einlage

Unter einer Entnahme versteht man die Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebs- in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen (§ 4 Absatz 1 Satz 2 EStG). Einlagen bezeichnen den umgekehrten Vorgang, also die Überführung von Gegenständen aus dem Privat- in das Betriebsvermögen (§ 4 Absatz 1 Satz 8 EStG). Die Bewertung von Entnahmen und Einlagen richtet sich im weiteren Verlauf nach § 6 EStG. Dabei gilt:

  • Entnahmen sind mit dem Teilwert des Wirtschaftsgutes anzusetzen (§ 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 EStG). Bei Kraftfahrzeugen kommt regelmäßig 1 % des Listenpreises für jeden Monat der privaten Mitnutzung alternativ die Ermittlung des Nutzungsanteils durch ein Fahrtenbuch, zur Anwendung. Soweit die Kosten auf privat gefahrene Kilometer entfallen, ergeben sie den zu versteuernden Wert der Entnahme. Bei Elektro- und Hybridfahrzeugen gelten Vergünstigungen, hier muss der Steuerpflichtige nur 0,5 % oder 0,25 % des Listenpreises ansetzen
  • Einlagen sind ebenfalls mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG). Als Höchstgrenze gelten die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes, wenn dieses weniger als drei Jahre vor Einlage angeschafft wurde oder wenn es sich um einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 17 EStG (Beteiligung mindestens 1 %) handelt. Wenn es sich um ein abnutzbares Wirtschaftsgut handelt, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um die (fiktiven) bereits vorgenommenen Abschreibungen zu mindern (§ 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 2 EStG)

Beispiel: Der Steuerpflichtige hat am 01.01.2023 ein Fahrzeug für EUR 50.000 privat gekauft. Die gewöhnliche Nutzungsdauer liegt bei fünf Jahren. Am 01.01.2024 wird das Auto ins Betriebsvermögen eingelegt. Dabei ist es maximal mit den Anschaffungskosten anzusetzen, da der Kauf vor weniger als drei Jahren erfolgte. Gleichzeitig ist eine Abschreibung in Höhe von einem Fünftel, also EUR 10.000, abzuziehen. Der Einlagewert beträgt in der Folge EUR 40.000.

Hinweis: Der Teilwert enthält regelmäßig die Umsatzsteuer. Bei ihr handelt es sich um eine nach § 12 Nummer 3 EStG nicht abziehbare Ausgabe. Bei Einlagen ist ein Vorsteuerabzug in der Regel ausgeschlossen, weil der Erwerb nicht als Unternehmer erfolgte (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 UStG).

3.6. Geringwertige Wirtschaftsgüter und Sammelposten

Für die Bewertung von Wirtschaftsgütern, deren Anschaffungskosten unterhalb einer bestimmten Schwelle liegen, sieht das Steuerrecht Vereinfachungsregelungen vor. Ihre Anwendung stellt ein klassisches steuerliches Wahlrecht (§ 5 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG) dar. Nach § 6 Absatz 2 und 2a EStG gilt demnach:

  • Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die zu einer selbstständigen Nutzung fähig sind (etwa Smartphones, Tablets, Notebooks) können bei Anschaffung in voller Höhe als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Anschaffungskosten ohne die enthaltene Umsatzsteuer maximal EUR 800 betragen. Der Steuerpflichtige kann die üblichen Abschreibungs- und Bewertungsregeln des § 6 Absatz 1 Nummer 1 EStG also ignorieren
  • Alternativ kann der Steuerpflichtige für selbstständig nutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, deren Netto-Anschaffungskosten zwischen EUR 250 und EUR 1.000 liegen, einen sogenannten Sammelposten bilden. Dieser wird als „ein Wirtschaftsgut“ mit der Summe aller in ihm gebündelten Anschaffungskosten aktiviert und über fünf Jahre abgeschrieben. Ein zwischenzeitlicher Verkauf der in ihm enthaltenen Wirtschaftsgüter ist unerheblich, der Sammelposten bleibt also bestehen. Allerdings muss der Steuerpflichtige den Sammelposten für alle im jeweiligen Wirtschaftsjahr angeschafften Gegenstände einheitlich bilden

Beispiel zum Sammelposten: Der Steuerpflichtige kauft im Jahr 2023 fünf Notebooks für jeweils EUR 600 netto. Er entscheidet sich für die Bildung eines Sammelpostens nach § 6 Absatz 2a EStG. Im Jahr 2024 wird ein Notebook verkauft. Der Sammelposten ist im Jahr der Anschaffung (2023) mit EUR 3.000 zu aktivieren und über fünf Jahre mit jeweils 20 % abzuschreiben. Da der Verkauf eines Notebooks hieran nichts ändert, erfolgt auch im Jahr 2024 die Auflösung mit EUR 600. Im Jahr 2028 ist der Sammelposten vollständig abgeschrieben.

3.7. Übertragung von Betrieben und Teilbetrieben

Nach § 6 Absatz 3 EStG können Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile unentgeltlich übertragen werden. Dabei sind beim Übernehmer des jeweiligen Betriebsvermögens die Buchwerte des bisherigen Betriebsinhabers anzusetzen (sogenannte Buchwertfortführung). Für den Eintritt dieser Rechtsfolge ist kein Antrag notwendig.

Aber: Die Besteuerung der stillen Reserven muss sichergestellt sein, was eine Übertragung „aus Deutschland heraus“ ausschließt (§ 6 Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG). Denn würde ein Unternehmer beispielsweise sein Einzelunternehmen auf seinen in Spanien wohnhaften Sohn übertragen, so würde der deutsche Fiskus auf einen späteren Veräußerungsgewinn keine Steuern mehr erheben können. Entsprechend käme es zu einem verbotenen Ausschluss des Besteuerungsrechts.

3.8. Bewertung von Wirtschaftsgütern bei Übertragung zwischen Betriebsvermögen

Die Übertragung von Wirtschaftsgütern vom einen ins andere Betriebsvermögen führt grundsätzlich zu einer Entnahme, an die sich unmittelbar eine Einlage anschließt. Die Folge ist eine vollständige Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven. Für Steuerpflichtige wäre es unattraktiv, Wirtschaftsgüter beispielsweise von ihrem Einzelunternehmen in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, an der sie beteiligt sind, zu überführen.

Mit § 6 Absatz 5 EStG lässt sich diese Rechtsfolge umgehen. Denn auch die Übertragung zwischen

  • mehreren Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen,
  • Sonderbetriebs- und Gesamthandsvermögen,
  • Betriebs- und Sonderbetriebsvermögen,
  • Betriebs- und Gesamthandsvermögen sowie
  • Sonderbetriebs- und Sonderbetriebsvermögen

kann zu Buchwerten erfolgen, wenn die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Ist eine Personengesellschaft involviert, darf das übertragene Wirtschaftsgut allerdings erst frühstens drei Jahre nach der Übertragung veräußert werden. Erfolgt die Veräußerung oder Entnahme früher, ist rückwirkend auf den Übertragungsstichtag der Teilwert anzusetzen (§ 6 Absatz 5 Satz 4 EStG). Der übertragende Unternehmer muss dann einen gegebenenfalls entstandenen Gewinn versteuern. Als Veräußerung gilt auch die Beteiligung einer Körperschaft am jeweiligen Wirtschaftsgut, etwa durch die (§ 6 Absatz 5 Satz 6 EStG).

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3.9. Bewertung von Anschaffung und Veräußerung beim Tausch von Wirtschaftsgütern

Dem Grunde nach sind alle Geschäfte im wirtschaftlichen Leben Tauschgeschäfte, wobei regelmäßig Geld gegen Ware oder sonstiges Vermögen getauscht wird. Möglich ist aber auch der Tausch mehrerer Wirtschaftsgüter. Wenn man es so will, besteht die Bezahlung beider Wirtschaftsakteure in der Übertragung der Gegenstände des jeweils anderen.

Ein Tausch besteht stets aus einem Anschaffungs- und einem Veräußerungsgeschäft, wobei beide gleichzeitig ausgeführt werden. Nach § 6 Absatz 6 Satz 1 EStG bemessen sich die Anschaffungskosten dabei nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes.

Beispiel: A und B tauschen ihre Fahrzeuge. Das Fahrzeug des A hat einen gemeinen Wert von EUR 50.000, das Fahrzeug des B einen solchen von EUR 40.000. B zahlt an A daher zusätzlich EUR 10.000.

Lösung: A erhält für sein Fahrzeug insgesamt EUR 50.000 (EUR 40.000 Fahrzeugwert + EUR 10.000 in bar). Gleichzeitig wendet er EUR 50.000 auf, den in dieser Höhe wird er durch den Abgang seines Autos „entreichert“. Im Ergebnis entsteht weder ein Gewinn noch ein Verlust, denn A erhält EUR 50.000 und wendet diesen Betrag gleichzeitig auf.

Abwandlung: B zahlt keine zusätzlichen EUR 10.000. A und B tauschen lediglich ihre Fahrzeuge. Nun entsteht bei A ein Veräußerungsverlust, denn er erhält EUR 40.000 (Wert des Fahrzeuges von B), wendet aber gleichzeitig EUR 50.000 auf. Bei B wiederum entsteht ein Gewinn, denn er erhält EUR 50.000 (Fahrzeugwert des A), muss dafür aber nur EUR 40.000 „zahlen“ (Hingabe seines Fahrzeugs mit diesem gemeinen Wert).

4. Bewertung von Wirtschaftsgütern: die Abschreibung nach § 7 EStG

Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind, soweit sie der Abnutzung unterliegen, mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich vorgenommener Abschreibungen zu bewerten. So regelt es § 6 Absatz 1 Nummer 1 EStG. Teil der Bewertung von Wirtschaftsgütern ist daher stets auch die Ermittlung der zutreffenden Abschreibung für Abnutzung, kurz AfA. Sie bestimmt sich nach § 7 EStG. Es gelten folgende Grundsätze:

  • Wirtschaftsgüter, die keine Immobilien sind, werden über ihre gewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben. Diese ergibt sich entweder aus der betrieblichen Erfahrung oder aus den AfA-Tabellen des BMF. Die AfA wird anschließend zeitanteilig berechnet und wirkt sich im jeweiligen Jahr gewinnmindernd aus (§ 7 Absatz 1 Satz 1 und 4 EStG). Bei außergewöhnlicher Abnutzung sind höhere Abschreibungen möglich (Satz 7)
  • Immobilien werden regelmäßig mit 3 % ihrer Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgeschrieben. Wohngebäude, die zwischen 1924 und 2023 fertiggestellt wurden, sind mit 2 % pro Jahr abzuschreiben. Auch hier gilt gegebenenfalls eine zeitanteilige Berechnung (ein Zwölftel pro Monat), § 7 Absatz 4 EStG

Die Abschreibungsregelungen für Immobilien gelten auch für Gebäudeteile, wenn diese selbstständige und unbewegliche Wirtschaftsgüter sind (§ 7 Absatz 5a EStG).

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